„Es ist kein Mensch so arg, er hat etwas Gutes an sich.“
Eine spannende Aussage Martin Luthers, die mich manchmal ganz schön herausfordert. Wenn man über manche Menschen so nachdenkt, wenn beispielsweise in den Nachrichten mal wieder von einem kaltblütigen Killer berichtet wird, dann stößt man doch an seine Grenzen. Ich erwische mich selbst dabei, ganz schnell ins Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen. Wer zu solchen Taten fähig ist und anderen Menschen so schlimme Dinge zufügt, der kann nichts Gutes an sich haben. Dadurch gerate ich aber ganz schnell in Konflikt mit dem Gebot der Nächstenliebe. Gut, ich kann mir sagen, diese Menschen gehören nicht zu dem Kreis meiner Nächsten. Aber auch im Bezug darauf hat Luther klare Worte gefunden: „Unser Nächster ist jeder Mensch, besonders der, der unsere Hilfe braucht.“
Gerade im letzten halben Jahr durfte ich mich intensiv damit beschäftigen durch mein Praktikum im Knast. Und was mir mehr als klar wurde: Diese Menschen brauchen Hilfe! Sie sind meine Nächsten! Und auch sie sind von Gott geliebt und absolut wertvoll. Und genau darum geht es. Gott liebt zwar nicht die Sünde, aber den Sünder! Und zu diesen Sündern gehören nicht nur die, die negativ in der Öffentlichkeit auffallen, sondern jeder einzelne von uns macht sich Tag für Tag schuldig. Und deshalb wünscht sich Gott nichts sehnlicher, als das wir umkehren und die Vergebung in Anspruch nehmen, die Gott durch das Opfern seines Sohnes ermöglicht hat. Und das gilt jedem Menschen, auch denen, wo wir es uns am wenigsten vorstellen können.
In Sprüche 14,21 steht: „Wer seinen Nächsten verachtet, sündigt; wer aber der Elenden sich erbarmt, ist glücklich.“ Und ich bin so dankbar, genau das tagtäglich erleben zu dürfen. Und ich merke, wie die Liebe auch zu diesen Menschen wächst und ich ihnen von Herzen sagen kann, wie wertvoll sie sind, dass auch sie Gutes an sich haben und dass es sich lohnt, Jesus in sein Leben zu lassen. Denn die der Sohn frei macht, die sind wirklich frei (vgl. Johannes 8,36).
Herzliche Grüße von Judith Aillaud